Ein Datenprojekt, um die mediale Teilhabe in deutschen Talkshows des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu erkunden. Es werden gesammelte Daten aus mehr als einem Jahr untersucht und visualisiert. Der Fokus ist dabei mehr auf den Personen als auf den Themen.
Seit Februar 2024 werden Informationen der fünf großen Talkshow Markus Lanz, Maybrit Illner, Maischberger, Caren Miosga und Hart aber fair aufgezeichnet. Um eine Übersicht über die verfügbaren Daten zu gewinnen, visualisieren wir den Zeitraum, in dem wir uns befinden (Februar 2024 - Mai 2025). Im folgenden Plot it jeder Strich ein Tag, an dem ein oder mehrere Talkshows veröffentlicht wurden. Überschneidungen finden am häufigsten unter der Woche an Dienstag, Mittwoch und Donnerstag statt. Die Shows von Markus Lanz, Maischberger und Illner finden an diesen Tagen statt.
Das regelmäßige Sendemuster wird nur von der Sommerpause in Juli und August unterbrochen. Auch Talkshow-Redaktionen wollen Urlaub haben. Wenn wir wissen, dass Markus Lanz als einziges Format drei Sendungen die Woche aufzeichnet, ergibt der die nächste Visualisierung Sinn. Sie zeigt die Episoden die pro Format im Datenzeitraum aufgezeichnet wurden:
Diese Lanz' Dominanz zeiht sich durch alle Daten und wird uns im Verlauf noch häufiger Begegnen. Im nächsten Plot sehen wir das die Sendefrequenz von Lanz nur im August einen leichten Dämpfer bekommt. Weiter lässt sich über die Minuten an Content der einzelnen Formate beobachten, das ARD-Formate im Juli pausieren, während das ZDF im August eine auszeit nimmt. So muss in einem Monat nicht vollständig auf Talkshows verzichtet werden.
In der Spitze kommt man in einem Monat auf 2200 Minuten Talkshow Content. Das ist viel und bezeugt das es wohl bedarf für Polit-Unterhaltung gibt. Um diese Zahlen in ein Verhältnis zu setzen, sieht man im nächsten Diagramm, wie viele erste Staffeln von SquidGame ein durchschnittlicher Talk-Content Monat betragen würde. So ein durchschnittlicher Monat kommt auf 3.78 erste Staffeln von SquidGame.
So lässt sich auch gut verstehen, wie viel einfacher es ist eine
Talkshow zu produzieren, als ein anderes Unterhaltungsformat zu
bespielen. Für eine Talkshow braucht man eigentlich nur n
Expert:innen, Journalistische Unterstützung, ein oder mehrere
Themen, ein Studio und die Produktionsmittel, die im ÖRR sicher
ohnehin vorhanden sind. Anmerkung: Ich stelle Vermutungen an,
habe nie bei einer Fernsehproduktion mitgearbeitet.
Die eigentlich interessanten Daten beziehen sich auf die geladenen Personen
die in den Shows auftreten. Die Talkenden-Volkszählung ergibt im Top
15 Ranking der am häufigsten geladenen Gäst:innen:
Elmar Theveßen ist der am häufigsten geladene Gast. Alleine durch
die Auftritte bei Markus Lanz schaft er es auch ohne andere Formate
auf Platz 1. Herr Theveßen ist USA-Korrpspondent beim ZDF und damit
ist sehr schnell klar warum er so häufig geladen wird: Trump hat
irgendetwas getan, oder erzählt, oder angedeutet. Medial gibt es
ohnehin kein Entkommen vor Trump, deshalb gibt dies auf für die
Talkshow-Landschaft. Im Übrigen besteht die List hauptsächlich aus
Politiker:innen und Journalist:innen, wobei die paritätische
Verteilung unter Journalist:innen deutlich feirer ist als sie es
unter Berufspolitiker:innen ist.
So nett diese Grafik sein mag, sie zeigt nur 15 der
Talkenden. In der nächsten Grafik erhalten wir ein Gefühl für die Verteilung
der Gäst:innen zu Auftritten.
Die Grafik gruppiert Talkende, nach der Anzahl ihrer Auftritte. Die obere Skala (100%) zeigt prozentuale Anteile an allen Personen. Die zweite Skala bezieht sich allerdings auf die Auftritte. Durch den Vergleich der Größenordnungen, können wir ermitteln, wieviele Talkenden wieviele Auftritte wahrnehmen. So sieht man, dass Personen mit mehr als drei Auftritten - obwohl die Minderheit der Talkenden - die Mehrheit der Auftritte absolviert.
Abseits einzelner Personen, können wir uns auch mit den zugeschriebenen Rollen beschäftigen. Hier lässt sich erkunden welche Expertisen und Kompetenzbereiche den Talkenden zugeordnet sind. Implizit wird dadurch auch ein Teil der Thematik einer Sendung beschrieben.
Im Plot werden im Außenbereich einige Rollen, beispielhaft gezeigt und zu welchen Gruppen diese zugeordnet werden können. Gruppen, wurden manuell definiert, basierend darauf was in den Daten zu sehen war. Insgesamt sind es 14 Gruppen, die zusammen mit einer speziellen Sonstige Gruppe alle Rollen der Talkenden abdenken. Die meisten unterschiedlichen Rollen sind den Gruppen Politik und Journalismus zuzuordnen. Nicht alle Rollen sind so sauber eingepflegt worden wie man es erwarten würde. Beim durchsuchen der Rollen fällt häufig die Rolle *-Experte auf. Deshalb folgend die fünf wichtigsten geladenen Expert:innen in deutschen Talkshows.
Die Nachrichtenlage wird zur Zeit leider durch Kriege dominiert und
daher ist es recht natürlich das die ersten drei Expert:innen die
zwei großen Konflikte thematisieren. Militärexpertise und die
Situation in Nahost, dominieren sogar noch vor Migration und
Automobilindustrie. Zur Klarstellung, diese Expert:innen werden auch
in anderen Rollen angekündigt. Oben sind nur Rollen aufgeführt, die
das Wort 'Experte' oder 'Expertin' beinhalten. Die Vertretung
einzelner Personen in einer Gruppe, wie zum Beispiel Inneres (viele
Polizisten und Migration), können - abseits des Expertentums - über die oben genannten Rollen hinaus gehen.
Da wir nun die vielen einzelnen Rollen (dataInfo.groups) in Gruppen vereinfachen
können wir jetzt messen, welche Gruppen welches Format und welcher Sender
in die Shows einläd.
Diese bunte Grafik nennt man eine divergente Darstellung. Sie wird
in der Datenvisualisierung zum Verleich zweier Seiten verwendet. In
diesem Fall sind das die beiden Sender ARD und ZDF, unterteilt nach
Gruppen. Jede seite summiert sich über alle Gruppen auf 100%. Als
Lesebeispiel kann man so feststellen, das die von Maybrit Illner geladenen Talkenden der Gruppe Wirtschaft p-Prozent des
Senders ZDF ausmacht.
Anmerkung: Es lässt sich beobachten, das Caren Miosga, obwohl sie ähnlich viele Episoden wie Illner oder Hart aber Fair veröffentlicht, weniger % Anteile in der
Darstellung einnimmt. Grund ist der Fakt, das Miosga weniger Gäste
pro Sendung einläd, als die anderen Formate, dadurch hat sie weniger
repräsentation im Sender. Zur Erinnerung wir messen Rollen von Talkenden,
nicht Themen von Sendungen.
Die Darstellung zeigt uns für jede Gruppe die wichtigsten Personen.
Gemessen daran, wieviele Auftritte diese im Datenzeitraum hatten. So
ist jede graue Box eine Person. Die Box ist breiter, je häufiger die
Person aufgretreten ist. Sollten mehrere Personen die gleiche Anzahl
an Auftritte haben, werden alle gelistet.
Die Visualisierung, nimmt die Gruppen Politik und Journalismus aus, da
wir deren Topvertretungen bereits im Plot der 15 häufigsten Talkshowgäste
gesehen haben. Weiter sind diese Gruppen sehr groß und es lohnt sich
diese isoliert zu betrachten.
Die Darstellung die wir hier sehen können, ist eine radiale
Baumstruktur. Diese Darstellungsart eignet sich um Hirarchien
aufzuzeigen. Zunächst haben wir nur zwei Stufen. Im inneren Kreis
sind die Medienhäuser, die in Talkshows eingeladen wurden, im
äußeren die einzelnen Sendungen, wieder farblich codiert. Je breiter
der Anteil am äußere Kreis, desto mehr Auftritte wurden von Personen
die diesem Medienhaus zugehören absolviert. An dieser Darstellung
können wir unter Anderem ablesen, dass Journalist:innen des ZDF bei Lanz, Illner und Maischberger eingeladen werden. Umgekehrt werden aber
ARD-Korrpspondent:innen nur bei ARD-Talkshows eingeladen. Hier kann
der Austausch zwischen den beiden ÖRR-Sendern vielleicht noch
verbessert werden. Es lässt sich auch gut erkennen, welche
Medienhäuser am ehesten in den Formaten vertreten sind. Diese
Zeitungen sind in der Regel auch in allen Talksshows vertreten.
Diese Darstellung wollen wir aber noch um die konkreten
Personen erweitern. Also fügen wir eine zusätzliche Ebene in die
Hirarchie ein.
Im Vergleich zur vorherigen Grafik, ist diese etwas kleinteiliger. Zwischen den Talkshow-Episoden und den Medienhäusern haben wir eine neue Ebene eingefügt, die uns zeigt wer in welchen Talkshows welches Medienhaus vertritt. Da diese zusätzliche Ebene die Grafik etwas schwerer lesbar macht, wenn wir alle Personen einblenden, sind weniger präsente Journalist:innen ausgeblendet.
Die kommenden drei Visualisierungen beziehen sich auf die Parteien und beschreiben, z.B. im Fall der obrigen Darstellung, welche Parteien in Talkshows aufeinandertreffen. Es werden absolute Zahlen verwendet, in dem die Episoden gezählt werden in denen beispielsweise eine Politiker:in der Grünen auf einen oder mehrere Kollegen der CDU traf. Die Matrix gibt diese Zählungen über alle Parteien wieder.
Wir können uns auch ansehen, welche Parteien wie häufig auf Personen mit Gruppenzugehörigkeit treffen. So kann man sehen welche Partei mit welcher Gruppenexpertise gematchet wird. Zum Beispiel: "Welche Gruppen trifft die FDP, oder CDU und wieviel Prozent aller die ein Partei in Talkshows traf ist das"? Hier werden allerdings wieder Politik und Journalismus exkludiert, da diese die größten Anteile einnehmen.
Die letzte Matchmaking Auswertung, zeigt uns welche Medienhäuser die Parteien in Talkshows gegenübersitzen. Hier ist bisher nur auffällig, das die TAZ hauptsächlich geladen wird um die CDU einzuordnen. Während die TAZ kaum zur Betreuung anderer Parteien eingeladen wird. Das könnte ein kleines Indiz sein, das es gelegentlich eben doch einen gewisses Konfrontatives Matchmaking gibt. Andererseits kann das auch immer eine Gegenüberstellung von Argumenten gewertet werden und ist Teil der jouranlistischen Arbeit.
In den Datenzeitraum fällt glücklicherweise auch die Bundestagswahl. Also können wir die Parteiverteilungen insgesamt und während der Bundestagswahl vergleichen. Zwischen dem gesamten Datenzeitraum und dem der Bundestagswahl, gibt es kaum Unterschiede. Eine Ausnahme ist der Anteile der AfD. Diese Partei wurde währende der Bundestagswahl öfter eingeladen als es zuvor der Fall war. Im folgenden die Verteilung der Parteipräsenz pro Formate während des Wahlkampfes.
Der größte Anteil an konservativen Politiker:innen fällt auf Maybrit Illner. Über alle Formate fällt auf, das CDU und SPD mit Ausnahme von Frau Illners Show immer an den ersten beiden Stellen landen. Das diese beiden Parteien am häufigsten in Talkshows sitzen, wissen wir bereits aus den Grafiken zum Matchmaking. Die Ergebnisse zu Caren Miosga sehen zuerst einmal sehr einseitig aus, allerdings hat die Sendung wenige Talkende pro Episode und hat während des Wahlkampfes wenige Folgen veröffentlicht. Die AfD war am häufigsten bei Maischberger eingeladen. Die Linke hingegen kommt am häufigsten bei Hart aber fair zu Wort. Die Tendenz das in der Mehrheit CDU/CSU und SPD in ÖRR-Talksendungen sitzen, wird sich über die Regierungsperiode vermutlich noch verstärken.